Das Vitamin K-Problem

von Dr. med. Friedrich P. Graf

berührt unsere Kinder heutzutage unmittelbar nach der Geburt. Nur selten wird diese Frage mit den angehenden Eltern (Einverständnis!) vor der Geburt geklärt. In den meisten Fällen schlucken die Eltern den konstatierenden Hinweis ihrer Geburtshelfer, diese Spritze sei eben notwendig. Besonders um die Geburt herum wollen sich die Eltern verständlicherweise nicht mit solchen "Nebensächlichkeiten" beschäftigen und haben mit den Beteiligten doch nur das "Beste" für ihr Kind im Sinn. Dabei kann diese Maßnahme dem Neugeborenen die erste Lebenswoche (z.B. durch ansteigende Gelbsucht) verübeln und die Stillbeziehung empfindlich und oft anhaltend stoeren.

Die langfristigen Nachteile dieser Spritze sind heute noch nicht absehbar. Es gibt bereits Hinweise, daß diese gegenüber dem natürlichen Bedarf ungefähr 1000-fache Überdosierung von Vitamin K an der Entwicklung bösartiger (Leber-)Tumore beteiligt ist. Es ist bedauernswert, wie heute an sich erfreuliche Erkenntnisse über Schädigungsmöglichkeiten unserer Kinder nicht zur Selektion und Eingrenzung der Gefährdeten führt, sondern pauschal zur Prophylaxe in übertriebener Weise an allen Kindern Anlaß gibt. Dabei könnte die Bedürftigkeit für Vitamin K auf Frühgeburten und Risikogeburten eingegrenzt werden.

Worum geht es beim Vitamin K?

Auf 30.000 Neugeborene kommt es einmal zu Blutungen (in 50 % in da Gehirn, hiervon in 1/4 der Fälle tödliche Verläufe!) vorzüglich in der 1. Lebenswoche und besonders in den ersten 24 Stunden (aber auch noch bis zu 6 Wochen nach der Geburt). Diese Blutungen sind auf einen Mangel und/oder eine gestörte Aufnahme von Vitamin K (= Koagulationsvitamin) zurückzuführen. In 90 % dieser Schadensfälle handelt es sich um Stillkinder. Grundsätzlich ist aber nicht die Tatsache des Stillens schuld, sondern in erster Linie eine Behinderung von Mutter und Kind am Stillen in der heutigen "modernen" Geburtshilfe - neben anderen Faktoren.

Vitamin K kommt in zwei Fraktionen im menschlichen Darm vor [K 1 sind Phytochinone aus der Nahrung, (Kohl, Spinat, Broccoli, Karotten, Bohnen, Kopfsalate), K 2 sind Menachinone von unseren Darmbakterien und aus Leber, Geflügel und Fisch, fermentieren Käsesorten wie z.B. Gorgonzola], ist fettlöslich und benötigt zur Aufnahme die Mithilfe der Gallensekrete. Es sind also Störungen in der Vitamin-K-Versorgung denkbar über die Nahrung, das Darmmilieu und den Gallefluß/die Leberfunktion!

Für das Neugeborene enthält die Vormilch (Kolostrum) mehr Vitamin K als die reife Muttermilch, so daß Anlege- und Milchbildungsstörungen hinzukommen. Das Vitamin K gelangt in die kindliche Leber und aktiviert dort viele Gerinnungsfaktoren, die gegenüber dem Erwachsenen in wesentlich niedrigerer Konzentration aber die gleiche Aufgabe erfüen, nämlich die Stabilisierung eines Blutgerinnungs-Gleichgewichtes (zwischen den gerinnungsfördernden und gerinnungshemmenden Faktoren, in dem es letzteres stützt). Dieses Gleichgewicht hält sich also auf niedrigerem Nieveau und ist - wie vieles beim Neugeborenen - sehr labil. Folgende Störungen allein oder in Summation sind heute zu bedenken, um den Verzicht oder die Gabe dieses Vitamin K zu erwägen:

1. Sind in der Schwangerschaft Medikamente verabreicht worden?

Hier fällt eine bedrückende Praxis im Umgang mit Gesundheitsproblemen der Schwangeren auf. Bezüglich des Vitamin K sind relevant

2. Liegt eine ausgeglichene Ernährung vor?

(Wegen der grundsätzlichen Bedeutung für die Schwangerschaft siehe Extra-Zusammenfassung Das Ernährungsproblem).
Bezüglich des Vitamin K ist förderlich der Vegetarismus mit Gemüsevariationen sowie Joghurt mit der hochwertigen "Rechts-drehenden" Milchsäure (im Verlauf oft unter dem Namen Bio-Joghurt: dieser fördert ein natürliches Darmbakterienmilieu!)

3. Wie war die Geburt?

Je sanfter die Geburt verläuft, je mehr die Gebärende sich selbst überlassen bleiben kann, desto weniger wird das Kind traumatisiert sein, desto weniger werden überhaupt äußere Maßnahmen und Eingriffe notwendig. Jeder Streß, jeder übersteigende Energieverlust "geht beim Kind auf die Leber".

Daher ist stets das gesamte Ausmaß der Belastung zu prüfen, denen das Kind ausgesetzt war. Heftige Quetschungen und Verletzungen (Saugglocke, Zange) erfordern homöopathisch zuerst Aconitum C 30 und dann Arnika C 30, denn reaktiv kommt es leicht zu Anschwellungen und Stoffwechselbeeinträchtigungen. So kann dann der Gallefluß beim Neugeborenen derart beeinträchtigt sein, daß die Vitamin-K-Resorption behindert ist neben der streßbedingten Leberbelastung. Entweder löst Arnika das Problem oder in seltenen Grenzfällen bleibt eine Vitamin-K-Gabe sinnvoll. Bei der Kaiserschnittgeburt als absolute Kunsthilfe liegen besondere Bedinungen für Mutter und Kind vor. Durch die Narkosemittel wird der kindliche Stoffwechsel besonders belastet und der Stillbeginnn erheblich verzögert. Hier ergibt sich daher eine besondere Gefahrensituation, so daß es höchstes Ziel sein mü&szli;te, Kaiserschnittgeburten generell so niedrig wie möglich zu halten. Die Qualität einer Entbindungsabteilung kann ganz gut an der Häufigkeit notwendiger Kaiserschnitte abgeschätzt werden: unter 10 % wünschenswert und gut! Über 15 - 20 % heute üblich und zu hoch, über 20 % indiskutabel!

Allein durch intensive Zuwendung, menschliche Nähe und Berührung unter der Geburt, ließe sich die Kaiserschnittzahl auf unter 10 % senken!!! Der Umgang mit Schwangeren, das Eingehen auf ihre Wünsche und Nöte entscheidet also über vieles und hilft Gefahren abzuwenden und das in den meisten Fälen unnötige Vitamin K vermeiden.

4. Wie wurde mit dem Stillen umgegangen?

Bezüglich des Vitamin K (aber auch generell!) ist die 1. Stunde nach der Geburt entscheidend! Denn jede Störung der Prägungsphase und des 1. Stillversuchs hat nicht nur tage- und wochenlagen, sondern lebenslange Konsequenzen. Zum einen geht es um die kindliche Psyche (Urvertrauen!), dann um die Stillbeziehung (Nestschutz, Mutter-Kind-Vertrauen). Lernt das Kind nicht gleich im Anfang ungestört die Brust zu fassen, sind Störungen vorprogrammiert. Daß dann zu wenig oder ungenügend Vitamin K über die Vormilchstufen beim Kind ankommt, ist der stofflich-materielle Ausdruck eines Versagens der Geburtseinrichtung und des Geburtsteams. Es muß einmal so drastisch dargestellt werden. Mit dem Vitamin K wird die Mutter in Sorgen gebracht und von der Geburt an wieder verunsichert. Die (deutschen) Kliniken sehen so selbstherrlich über die Grundbedürfnisse von Mutter und Kind hinweg, wo es in den meisten Fällen (80 % der Geburten) gar nicht nötig wäre!)

Das liegt natürlich an der Geschichte der deutschen Medizin und besonders der Krankenhäser. Die hierarchische Struktur und die überwiegend männliche Besetzung der Führungspositionen schafft viele Probleme in der Geburtshilfe. So ist auch das Vitamin-K-Problem ein überwiegend zeitbedingtes, hausgemachtes und im Rest Ergebnis einer Fehlernährung und überzogenen Arzneitherapie.

5. Wir wurde mit dem Neugeborenen umgegangen?

In vielen Fällen wird heute bei Verdacht auf Infektion oder bei erhöhungen (oft routinemäßig gemessen) von Entzündungszeichen im Blut eine Antibiotikabehandlung durchgeführt. Die damit einhergehende Darmmilieustörung behindert die immunologische Entwicklung des Kindes und kann einen Vitamin-K-Mangel verschärfen.

Welche Alternativen gibt es?

Zusammenfassend

bei Sorgen um einen Vitamin-K-Mangel

Die orale Gabe von Vitamin-K-Tropfen (z.B. Konakion ®) wird nur noch in den seltensten Fällen erforderlich sein (Frühgeburten, Kaiserschnitt und Vakuum-/Zangengeburten zusammen mit Mißachtung der anderen o.g. Bedingungen).


Von Friedrich P. Graf ist bei Herder das Buch Ganzheitliches Wohlbefinden - Homöopathie für Frauen, ein Begleitbuch für die wichtigsten Lebensphasen, erschienen.


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Last modified: Tue Jul 16, 1996