aus Ich kann kochen, erschienen bei Ullstein & Co. im Jahre 1909.
Einer der wichtigsten neueren Apparate, der in keiner Küche fehlen sollte, da er sowohl Arbeit und Zeit wie Brennmaterial und dadurch Geld spart, ist die Kochkiste. Sie beruht auf dem physikalischen Grundsatz, daß ein Gegenstand, der von schlechten Wärmeleitern umgeben ist, seine Temperatur, sei sie nun kalt oder warm, sehr lange unverändert behät. So kann die Kochkiste zugleich als Eisschrank, ja beinahe als Eismaschine und, wie ihr Name schon sagt, zum Garkochen dienen. In ihrer einfachen Form kann sie sich die Hausfrau leicht selbst herstellen. Sonst findet sie in den Haushaltsgeschäften in den verschiedensten Ausführungen und zu den verschiedensten Preisen geeignete Apperate. Um sie selbst herzustellen, verschafft man sich zunächst eine nicht zu große, starke, gut schließende Holzkiste mit Deckel, etwa eine der bekannten Stärkekisten der Firma Hoffmann. In diese kommt zunächst ein etwa 5 Zentimeter starkes Kissen aus Molton, das mit Holzwolle oder Heu gefüllt wird und den Boden gerade bedecken muß. Ein ebensolches Kissen nagelt man gegen den Deckel. Dann beschafft man sich je nach der Größe einen oder zwei Emailletöpfe mit gut schließendem Deckel, stellt sie in die Kiste und polstert nun um sie herum die Wände und, wenn es zwei sind, den Zwischenraum zwischen den beiden so mit Holzwolle aus, daß gerade nur noch der Raum bleibt, in den sie hineinpassen. Diese Polster bekleidet man ebenfalls mit Molton. Die Töpfe dürfen nur so groß sein, daß die Polster auf allen Seiten zum mindesten 5 Zentimeter dick sind. Wenn sie zu niedrig sind, so daß sich zwischen dem Kissen des Kistendeckels und ihrem Deckel noch ein Luftraum befindet, muß man noch einmal in Montonkissen mit Holzwolle stopfen, das diesen Raum vollkommen ausfüllt. An dem Deckel der Kiste muß noch eine Schließvorrichtung angebracht sein.
Damit wäre die ganze Kochkiste, die man sich also für wenig Geld selbst herstellen kann, fertig. Um darin zu kochen, hat man die Speisen nur auf dem Feuer oder auf der Gas- oder Spiritusflamme etwa eine halbe Stunde lang anzukochen und nach dieser Zeit, wenn sie tüchtig im Kochen sind, den geschlossenen Topf rasch in die Kochkiste zu setzen, diese zu schließen und die Speisen, ohne daß man sich im geringsten um sie kümmert, ruhig ihrem Schicksal zu überlassen. Man kann im allgemeinen rechnen, daß sie in der Kochkiste etwa die doppelte Zeit brauchen, die sie auf Feuer brauchen würden. Jedenfalls kann man die Speisen ruhig ein paar Stunden länger darin lassen, sie verderben auf keinen Fall. Ja, viele Speisen, die eine lange Kochzeit haben und langsam und gleichmäßig kochen sollen, werden viel besser in der Kochkiste, als auf dem Feuer. So kann man Reis, der vielleicht mit Rindfleisch oder mit einem Huhn weichgekocht werden soll, sehr gut schon abends in die Kochkiste setzen, um ihn am nächsten Tage mittags fertig herauszunehmen. Ebenso ist es mit dem Sauerkohl, Erbsen und Fleisch oder anderen zusammengekochten Speisen. Dieses Beispiel zeigt, ein wie unschätzbares Hilfsmittel die Kochkiste für die erwerbende Frau ist, die nicht die Zeit hat, sich viel um die Küche zu kümmern, oder die ihr Beruf in den Vormittagsstunden aus dem Hause führt.
Es gibt jetzt eine ganze Anzahl von Konstruktionen, die diese Einfache Form der Kochkiste variieren und verbessern. Meistens sind in ihnen sogenannte Wärmesteine angebracht, die auf dem Feuer erhitzt werden und über und unter den Topf mit der Speise gelegt werden. Mit ihrer Hilfe kann man die Kochzeit erheblich verringern, ja, es läßt sich in der Kochkiste nicht nur kochen, sondern auch sogar braten und backen.
Weniger bekannt ist es, daß sich die Kochkiste im Sommer auch sehr gut zum Kühlhalten von Speisen und Getränken verwenden läßt, die dann natürlich gut gekühlt in sie eingesetzt werden müssen. Da ihre Wirksamkeit in Wärmeisolation besteht, so ist es klar, daß sie ebenso eine kühle, wie eine warme Temperatur den ihr anvertrauten Dingen lang erhält. Wenn sie richtig angefertigt ist, ist ihre Isolation so gut, daß sich sogar Gefrorenes in ihr anfertigen läßt. Man benötigt dann noch außer des in sie eingepackten Topfes eines kleineren, der ebenfalss gut schließen und so in den ersten Topf eingelegt werden muß, daß noch ringsum sowie oben und unten eine Lage der Kältemischung Raum hat. Die Kätemischung besteht am zweckmäßigsten und einfachsten aus fein zerkleinertem Eis, das mit einem Drittel seiner Gewichtsmenge Viehsalz untermischt ist. In den kleineren Topf kommen dann die gut gekühlte zu gefrierende Masse (Fruchtsaft oder Creme) und außen herum die Kältemischung. Man Muß von zenn zu zehn Minuten nachsehen, das bereits Gefrorene vom Rand abstoßen und die Masse gut durchmischen. Wenn die ganze Masse breiartig gefroren ist, füllt man die Kältemischung noch einmal auf, schließt die Kiste gut und läßt das Eis noch etwa eine Stunde lang in der Kiste stehen oder reifen, wie der Ausdruck lautet. Der Versuch lohnt sich, wenn man keine wirkliche Eismaschine besitzt, und man wird erstaunt sein, mit wie wenig Arbeit und mit welch geringem Verbrauch an Eis sich in der Kochkiste Gefrorenes herstellen läßt.
Last modified: Fri Jan 24, 1997